Jenseits aller Ideologien versuchen wir Schule neu zu denken. Auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse aus der Neurobiologie, Entwicklungs- und Lernpsychologie beschreiben wir wie Schule kindgerecht und leistungsfähig gestaltet werden kann, damit Kinder und Jugendliche von heute, eigenverantwortliche, soziale und kreative Gestalter ihres Lebens und unserer Gesellschaft werden können.
1. Ausgangslage:
Die Volksschule, wie wir sie kennen, gründet auf einer 150jährigen Geschichte und hat ihre Anfänge im #Industrialisierungszeitalter. Im «Maschinendenken» der damaligen Zeit wurde auch die #Volksschule konzipiert: Wenn man gleich alten Kindern dieselben Lerninhalte verabreicht, muss auch dasselbe rauskommen. Was für Maschinen gilt, funktioniert bei Kindern jedoch nicht. 150 Jahre später gibt es ausreichend Wissen in Bereichen der #Neurobiologie, Entwicklungs- und #Lernpsychologie, die zeigen, dass effektives Lernen anders gestaltet werden sollte.
Trotz dieser Erkenntnisse funktionieren Schule in ihren Grundfesten immer noch gleich wie in der Gründungszeit der Volksschule. Natürlich ist es spannend über die Gründe darüber zu philosophieren und daraus Erkenntnisse zu generieren. In diesem Konzept wollen wir jedoch den Versuch wagen, die Vergangenheit hinter uns zu lassen und Schule neu zu denken. Die Grundlagen dafür sollen die gesellschaftlichen Gegebenheiten unserer Zeit sein, auch ein Ausblick in die nahe Zukunft und welche Herausforderungen diese an unsere Kinder und Jugendlichen stellt, so wie über kindliche Entwicklung, neurobiologische Gesetzmäßigkeit, unter welchen Bedingungen das Hirn nachhaltig lernt und wie effektive Lernprozesse gestaltet werden.
Daraus erfolgen Umsetzungsideen für eine Schule der Zukunft. #Privatschulen habe es in der Regel einfacher solche Konzepte umzusetzen, als Volksschulen. Denn an Volksschulen ist die ganze Vielfalt an ideologischen Vorstellungen vertreten - bei der Elternschaft, den Lehrpersonen und den Führungsorganen der Schulen. Privatschulen haben die Möglichkeit, sich ein Profil zu geben und werden diejenigen Eltern anziehen, die sich auch genau diese Ausrichtung für ihre Kinder wünschen. Allenfalls gibt es gesetzliche Einschränkungen.
2. Grundlagen
2.1. Eine momentane gesellschaftliche Betrachtung und ein Blick in die Zukunft
Schulen waren schon immer ein Abbild unserer #Gesellschaft und werden es auch in #Zukunft sein. Gleichzeitig ist es ihre Aufgabe, Kinder und Jugendliche auf ihr Erwachsenenleben und ihre Teilhabe am Gesellschaftsleben und in der #Berufswelt vorzubereiten.
Wir wollen darum einen Blick auf die heutige Gesellschaft und Berufswelt werfen aber auch einen Blick in die nahe Zukunft wagen, um herauszufinden, was davon für die Schule relevant ist und sich für deren Zukunft abzeichnet. Daraus werden Anforderungen an die heutigen und zukünftigen Schulen resultieren.
Wir leben im #digitalen #Zeitalter. Genauer betrachtet mitten in einer Übergangsphase. An Schulen hallt zwar der Ruf nach der digitalen Schule sehr laut durch die Gänge. Trotzdem tragen die meisten SchülerInnen immer noch rucksackweise Schulbücher umher und viele Lehrpersonen tragen ihre Vorbereitungen von Hand in ein Vorbereitungsbuch ein. #Zukunftsforscher sprechen über die Unumgänglichkeit des bedingungslosen #Grundeinkommens, weil in absehbarer Zeit Maschinen und Roboter im Zuge der #Industrialisierung 4.0 all die Arbeiten erledigen werden, welche sie schneller und präziser als Menschen, so wie ohne Ausfälle und Fehler erledigen können. Trotzdem werden nach wie vor Menschen genau für diese Arbeiten ausgebildet, weil in vielen Betrieben die «Neue Zeit» noch nicht angekommen ist. Man kann darum heute nicht von DER Berufswelt sprechen, weil sie in unterschiedlichen Branchen und unterschiedlichen Betrieben derselben Branche verschieden aussieht.
Wir sind also noch nicht ganz in der Zukunft des digitalen Zeitalters angekommen, aber auch nicht mehr in der Vergangenheit, wie sie die meisten Erwachsenen in ihrer Kindheit und Jugend gekannt haben. Was sich jedoch mit Sicherheit sagen lässt ist:
Die Halbwertszeit von #Wissen wird laufend niedriger. Wenn junge Menschen vor Jahrzehnten noch eine Ausbildung machten und ein berufslebenlang dieselbe Tätigkeiten ausübten, geschieht es heute oft, dass das, was Lehrlinge zu Beginn ihrer Ausbildung lernen, beim Lehrabschluss schon überholt ist. Berufe die es noch vor fünf Jahren gab, gibt es heute schon nicht mehr.
Veränderung, Ungewissheit und Neuorientierung sind heute ständige Begleiter im Gesellschafts- und Berufsalltag.
Die #Digitalisierung hat multifunktionale und massentaugliche Geräte hervorgebracht mit der eine ungeheure Flut an Informationen abgerufen werden können. Die Verarbeitung dieser Informationen, die sinnvolle Nutzung der Geräte, so dass eine gesunde Balance zwischen analogem und digitalem Leben gefunden werden kann, sind herausfordernd.
In vielen Lebensbereichen der Menschheit und im Umgang mit unserer Erde stehen offenkundig enorme Herausforderungen an: Die Weltbevölkerung beispielsweise ist in den vergangenen 100 Jahren von 1.5 Mrd. auf rund 7.5 Mrd. Menschen gestiegen. Die Vereinten Nationen erwarten 2050 etwa 9,7 Milliarden Menschen auf dem Globus. Der Verbrauch an natürlichen aber endlichen Ressourcen auf der Welt wird tendenziell zunehmen, die Bevölkerungsdichte in den menschlichem Lebensräumen ebenfalls. Globale klimatische Veränderungen ändern auch die Lebensräume und Existenzgrundlagen von ganzen Bevölkerungsmassen. Flüchtlingsströme lösen neue ausgrenzende Denk- und Handlungsweisen aus. Neue Möglichkeiten in der medizinischen Diagnostik, Vorsorge und Behandlung ändern die demografische Zusammensetzung in der industrialisierten Welt. Immer mehr Menschen sind auch nach Beendigung ihres Erwerbslebens rüstig und gesund. Ihre Versorgung muss von immer weniger erwerbstätigen jungen Menschen getragen werden. Konsum, Profit und ein katastrophales Abfallmanagement haben weltweit dazu geführt, dass über Millionen von Jahren entstandene Lebensräume wie Meere und Wälder und verschiedene Pflanzen- und Tierarten bedroht sind, so dass auch die Existenzsicherheit für den menschlichen Lebensraum gefährdet ist.
Wie kann die Schule einen Beitrag zu diesen Herausforderungen leisten?
Wenn die Vergänglichkeit von statischem Wissen immer größer und die Voraussagbarkeit der Zukunft schwieriger wird, werden Kompetenzen wie Neugierde, Offenheit für Neues, Anpassungsfähigkeit, Begeisterungsfähigkeit, die Fähigkeit Altes loszulassen, Experimentierfreudigkeit und die Bereitschaft unkonventionelle Wege zu riskieren wichtiger.
Die Masse an Informationen im Digitalen Zeitalter, so wie die globalen Herausforderungen erfordern in hohem Masse die Fähigkeit der Meinungsbildung. SchülerInnen müssen lernen, wie sie für sich Kriterien erschaffen können, um aus der Fülle an Informationen relevante herausfiltern und sich eine Meinung bilden können.
Um die globalen #Herausforderungen meistern zu können, braucht es Menschen, die nicht nur fähig sind, sich eine eigene Meinung zu bilden, sondern auch mutig und verantwortungsvoll handeln können. Schulen müssen darum während der gesamten Schulzeit Erfahrungsräume bieten, die zu mutigem und verantwortungsbewussten Handeln einladen. Dazu braucht es eine gänzlich andere #Fehlerkultur, als die an Schulen bestehende. Im Volksmund heißt es: «Aus Fehler lernt man». An den Schulen wird jedoch jeder Fehler angestrichen und mit einem Notenabzug geahndet. Dies führt zu einer #Fehlervermeidungskultur und einer Passivität, wenn es darum geht mutig etwas auszuprobieren und zu wagen.
Vermehrt müssen diese Themen auch Bildungsinhalte an Schulen sein. Bildung für nachhaltige Entwicklung, wie es im Schweizer Lehrplan 21 angedacht ist, sind Ansätze, welche diese Idee verfolgen.
2.2. Entwicklungspsychologische Grundlagen - Entwicklungsunterschiede
Prof. Dr. Remo #Largo hat die Entwicklung gesunder Kinder über 40 Jahre lang untersucht. Dabei kam er zu folgendem Ergebnis:
Kinder zum Einschulungszeitpunkt weisen #Entwicklungsunterschiede von bis zu vier Jahren auf. Beim Schulaustritt liegt die Spanne bei sechs Jahren. Mädchen sind durchschnittlich zwei Jahre weiter entwickelt. Die Entwicklungsunterschiede betreffen die kognitive, emotionale, körperliche, soziale, motorische und sprachliche Entwicklung.
Im nächsten Bild sind Kinder zuerst der Größe nach aufgereiht. Dieselben Kinder stehen im unteren Bild dem Alter entsprechend nebeneinander. Sofort fällt es ins Auge, wie groß die Unterschiede im Längenwachstum sind. Eigentlich leichtfertig anzunehmen, dass die weniger sichtbaren Entwicklungsbereiche bei jahrgangsgleichen Kindern weniger groß sein sollen.
Umso verwunderlich ist es eigentlich, dass man alle jahrgangsgleichen Kinder in dieselbe Klasse steckt und sie dieselben Lerninhalte lernen sollen. Für einige mag das passen. Für Kinder die bereits weiter sein könnten oder solche, die kämpfen müssen, um den Anschluss an den Klassendurchschnitt nicht zu verlieren, vergeht bestenfalls die Lernfreude. Schlimmstenfalls verlieren sie ihr Selbstvertrauen, hängen völlig ab oder werden sozial auffällig.
Ein Sprichwort lautet:
«Das Gras wächst ja bekanntlich nicht schneller, wenn man daran zieht.»
Sollen Kinder lustvoll und effektiv Lernen können, müssen sie entsprechend ihrer #Reifeentwicklung und ihrem Vorwissen lernen können.
2.3. Entwicklungspsychologische Grundlagen - Sensible Phasen
Kindliche Entwicklung erfolgt in sensiblen Phasen. In jedem Alter sind bestimmte #Entwicklungbedürfnisse besonders bedeutsam. Ob diese gestillt werden oder nicht ist maßgebend für die weitere Entwicklung eines Kindes, ja sogar für die Prägung bis ins Erwachsenenalter.
Es gibt viele Entwicklungsmodelle. Hier bedienen wir uns des Modells #Spiral #Dynamics, das auf den US-amerikanischen Psychologen Clare W. Graves zurückgeht und vom Management-Berater Don Beck weiterentwickelt wurde. Spiral Dynamics ist ursprünglich kein Modell für kindliche Entwicklung. Es beschreibt Bewusstseinsebenen, die sich im Laufe der Menschheitsentwicklung nach einander gezeigt haben und finden in weltanschaulichen Sichtweisen von Individuen aber auch ganzen Populationen ihren Ausdruck. Die einzelnen Bewusstseinsebenen werden auch Meme genannt und sind bei Beck beschrieben und farblich gekennzeichnet. Entwicklungspsychologisch haben die einzelnen memetischen Stufen in der Lebensentwicklung jedes Kindes ihre besondere Bedeutungen in Form von sensiblen Phasen. Jede nachfolgende Entwicklungsstufe schließt die vorhergehende ein. Vermutlich sind prägende Erfahrungen in Phasen der Kindheit, in denen einzelne memetische Grundbedürfnisse besonders wichtig waren, mitentscheiden, dass wir als Erwachsene gewissen Ideologien anhaften - sei es, weil wir diese besonders wertvoll empfunden haben oder weil deren Erfüllung uns gefehlt hat. Spiral Dynamics dient uns hier also als Orientierung und für das Bewusstsein für #sensible #Phasen in der kindlichen Entwicklung, ist aber auch hilfreich für ein Verständnis erwachsener Ideologieanhaftung.
Im Folgenden beschreibe ich sieben sensible Entwicklungsphasen und Weltanschauungen von Erwachsenen, die für ein besseres Verständnis der unterschiedlichen Sichtweisen der #Erziehung von Kindern und Jugendlichen hilfreich sind. Sie wechseln kontinuierlich zwischen Autonomie- und Verbundenheitsbedürfnissen ab.
Archaische Weltanschauung – beiges Mem
Das beige Mem entspricht weitgehend der untersten Ebene der maslowschen Bedürfnispyramide. Der Fokus liegt auf der Befriedigung grundlegender physiologischer Bedürfnisse wie körperlicher Unversehrtheit, Nahrung, Wasser, Luft, Schlaf, Gesundheit, Unterkunft, Kleidung, Wohnraum, etc.
Sensible Phasen in der kindlichen Entwicklung:
Während und kurz nach der Geburt ist die physische Existenz für jedes Baby zentral und in seiner Wahrnehmung natürlich nicht bewusst. In aller Regel können in unserer Kultur die existenziellen Bedürfnisse der Kinder in dieser Entwicklungsphase gut befriedigt werden.
Beige Weltanschauung als Erwachsene:
In unseren Breitengraden ist diese Weltanschauung bei Erwachsenen selten präsent oder für Entscheidungen maßgebend, weil wir normalerweise diese grundlegenden Bedürfnisse gut befriedigen können. Geraten Menschen jedoch in besondere Lebenssituationen, welche ihre körperliche Existenz in Frage stellen, rückt das beige Mem wieder ins Bewusstsein – zum Beispiel nach einem Unfall, bei einer schweren Krankheit oder einem Todesfall in der Familie.
Auswirkung der archaischen Weltanschauung auf die Sichtweise der Erziehung:
Erwachsene, welche als Babys existenzielle Bedrohungen erlebt haben, sind oft auch als Erwachsene eher ängstlich, fühlen sich rasch bedroht und können sich schlecht auf neue Situationen einlassen. Als Eltern können sie diese Ängste auch auf ihre Kinder übertragen, in dem sie befürchten, diesen könnte Schlimmes passieren.
Stärken:
Die Stärke der beige-memetischen Weltanschauung ist das Achten und Fördern der existenziellen Bedürfnisse von Menschen, die ihnen anvertraut sind oder mit denen sie zusammenleben.
Tribale Weltanschauung – violettes Mem
Die violettmemetische Sicht auf die Welt ist geprägt durch früheste Erfahrungen in unserer Kindheit, dadurch wie wir die Beziehungen und Bindungen zu unseren wichtigsten Bezugspersonen erlebt haben und welche Rituale und Traditionen uns als kleine Kinder für unser Gefühl in Sicherheit zu sein geprägt haben. Die Abgrenzung als Individuum ist violettmemetisch noch nicht wichtig, sondern die #Zugehörigkeit und die #Bindung zu den nächsten Bezugspersonen, zu den Gemeinschaften, in denen man lebt. Rituale, welche in diesen Gemeinschaften gepflegt werden geben Halt und Orientierung.
Sensible Phasen in der kindlichen Entwicklung:
Entwicklungspsychologisch ist das violette Mem in den ersten drei Lebensjahren prägend. Das Verbunden- und emotionale Aufgehobensein steht im Zentrum der frühkindlichen Bedürfnisse. Eine starke Bindungserfahrung mit den primären Betreuungspersonen in den ersten Lebensjahren ist zentrales Entwicklungsbedürfnis. Kinder fühlen sich zugehörig, sicher und aufgehoben und haben Halt durch Rituale und Traditionen. Ein tiefes #Urvertrauen kann entstehen.
Violette Weltanschauung als Erwachsene:
Erwachsene mit einer tribalen Weltanschauung sehen die Welt durch die Brille, dass alles gut war, wie es früher war, dass es so sein soll, wie sie es in ihrer frühen Bindungszeit als richtig erlebt hatten. Alles soll so sein, wie sie es erlebt haben. Der Zusammenhalt in der Familie, emotionale Zugehörigkeit mit den wichtigsten Bezugspersonen steht vor individueller Freiheit und Selbstverwirklichung. Das Anhaften und Bewahren vonTraditionen ist ganz wichtig.
Auswirkung der tribale Weltanschauung auf die Sichtweise der Erziehung:
Erwachsene, welche auf violettmemetische Sichtweisen fixiert sind, werden individuelle Bedürfnisse, Veränderung traditioneller Ansichten oder Vorgehensweisen ablehnen. Kindererziehung hat im Kreise der Familie stattzufinden, idealerweise hat die Mutter für ihre Kinder voll und ganz da zu sein, die Individualität der Kinder darf nicht auf Kosten des Gemeinschaftsgefühls der Familie überhandnehmen. Dafür zu sorgen war früher immer Sache des Vaters. Dafür soll er auch heute Verantwortung übernehmen.
Stärken:
Die Stärke der violettmemetischen Sichtweise ist dem Bindungsbedürfnis der Kinder in den ersten Lebensjahren Beachtung zu schenken. Dieses zu erfüllen ist unabdingbar, damit Kinder sich geborgen und sicher genug in die nächste Entwicklungsphase begeben können.
Egozentristische Weltanschauung – rotes Mem
Beim roten Mem geht es um Kraft, Individualität, Macht und Sieg. Die Einbindung in die Zugehörigkeit der Ursprungsgemeinschaft, in die haltgebenden Traditionen engen den rotmemetisch orientierten Menschen ein. Er strebt nach Unabhängigkeit und individueller Freiheit und setzt sich mit aller Kraft dafür ein.
Sensible Phasen in der kindlichen Entwicklung:
Machen Kinder starke Bindungserfahrungen, erleben sie Sicherheit und Aufgehoben sein in ihren ersten Lebensjahren, dann können sie mit Zuversicht, Vertrauen und Kraft in die nächste Entwicklungsphase eintauchen. Diese wurde früher #Trotzphase genannt, heute Ich-Entwicklungsphase. Kinder entdecken, dass sie nicht mehr einfach symbiotisch mit ihren nächsten Bezugspersonen verbunden sind, sondern eigene Ideen und Bedürfnisse haben und vor allem sich selber als unabhängige Wesen erleben.
Rote Weltanschauung als Erwachsene:
Erwachsene mit einer egozentrischen Weltanschauung sehen die Welt als Feld, das für ihre Selbstverwirklichung zur Verfügung steht, respektive also Ort, in dem es Feinde gibt, die ihnen den Platz des Siegers streitig machen können und bezwungen werden müssen. So müssen sie um jeden Preis Recht haben und zwanghaft gewinnen.
Auswirkung der egozentrischen Weltanschauung auf die Sichtweise der Erziehung:
Erwachsene, welche auf die rotmemetische Sichtweisen fixiert sind, müssen ihre Kinder beherrschen – auch wenn sie dies sicher mit etwas gesellschaftskompatibleren Worten umschreiben würden. Sie können es nicht zulassen, dass diese sich einmal durchsetzen können. Dies hat zur Folge, dass ihre Kinder genau in der sensiblen Phase des roten Mems nicht die erforderlichen Erfahrungen für ihre #Autonomieentwicklung machen können. Sie erleben anstatt Kraft, Individualität und #Macht, eine Ohnmacht, weil ihre Eltern, sich durch ihre rotmemetische Weltsicht bedroht fühlen. Kinder, welche in dieser Entwicklungsphase #Ohnmacht erlebten, haben zwei Möglichkeiten darauf zu reagieren: 1. Sie werden selber zu Machtmenschen, um nie mehr Ohnmacht erleben zu müssen. Die rotmemetische Weltsicht reproduziert sich dadurch. 2. Sie verinnerlichen ihr Gefühl der Ohnmacht und leben als Erwachsene abgeschnitten von den eigenen Impulsen und der eigenen Kraft. Fatal wird es, wenn Eltern auf diese ohnmächtige Art und Weise ihren Kindern begegnen, wenn diese in die rotmemetische Entwicklungsphase kommen und kein Gegenüber da ist, dass den kindlichen Kraftimpulsen gegenübertritt. Kinder erwerben sich dadurch Allmachtserfahrungen und statt Menschen mit einer gesunden Individualität und Impulsivität, werden Egozentriker aus ihnen.
Stärken:
Die Stärke des roten Mems ist seine Kraft, Dinge anzupacken und umzusetzen. Es kümmert sich nicht darum, was andere von ihm halten, sondern folgt seinem eigenen Impuls.
Konformistische Weltanschauung – blaues Mem
Menschen mit Zugang zum blauen Mem erkennen, dass sie weiterkommen, wenn sie die Alleingänge und Rechthabereien rotmemetisch fixierter Menschen überwinden. Sie tun sich mit anderen Menschen zusammen und akzeptierten Autoritäten und ordnen sich vereinbarten #Normen und #Regeln unter. Klare #Hierarchien und Strukturen und die Unterordnung an diese bieten ihnen Sicherheit, Verlässlichkeit, Berechenbarkeit und gemeinsame Stärke. Damit können sie sich auch zur Wehr zu setzen, wenn Andersdenkende ihre Weltordnung ins Wanken bringen wollen.
Sensible Phasen in der kindlichen Entwicklung:
Die meisten Kinder entwickeln im späten Kindergartenalter bis anfangs Schulzeit ein ausgeprägtes Bedürfnis, sich für die Regeln in ihrer Gemeinschaft zu interessieren. Es sind die Momente am Familientisch, an denen die Kinder vehement ihren Eltern widersprechen und sich für die Regeln in ihrer Schulklasse stark machen oder sich für die Verteidigung der Ansicht ihrer Lehrerin einsetzen. Konnten Kinder in der rotmemetisch sensiblen Phase ihre Ich-Entwicklungsphase nicht ausreichend ausleben, wurden ihre Impulse unterdrückt oder standen keine Bezugspersonen zur Verfügung, die ihnen eine ebenso starkes Gegenüber waren, geschieht es leicht, dass Kinder mit ihrem Macht- und Ohnmachtsthema weiter beschäftigt sind. Es ist ihnen dann fast unmöglich, sich für die Themen des blauen Mems zu öffnen. Es wäre interessant zu erforschen, ob Ursprünge des #ADHS dort zu finden wären.
Blaue Weltanschauung als Erwachsene:
Erwachsene mit einem konformistischen Weltbild sehen in Regeln, Normen und Gesetzen die Allerweltslösung für alle Lebens-, Berufs- und Beziehungssituationen. Geraten bestehende Abmachen oder Regeln ins Wanken, werden sie aufs Tiefste verunsichert. Gibt es Schwierigkeiten, brauchen sie Regeln. Verschiedene Optionen oder persönliche Gefühle kommen nicht als Orientierung für Entscheidungen in Frage.
Auswirkung der konformistischen Weltanschauung auf die Sichtweise der Erziehung:
Blaumemetische Erzieher setzen auf Abmachungen und Regeln, nicht auf Beziehung. Der violette Fokus auf Geborgenheit und Zugehörigkeit ist weniger wichtig als das Einhalten von Regeln. Die Impulsivität des roten Mems erscheint als unnötig und emotional, weil die Regeln ja klar sind und darauf lediglich Konsequenzen folgen müssen. Auch im Schulkontext sind es die Schulhausregeln, die Promotionsverordnungen, die Klassenregeln und Lehrpläne, die alles regeln und denen alle sich unterordnen müssten, damit alles problemlos funktioniert.
Stärken:
Die Stärke des blauen Mems liegt darin Dingen und Abläufen eine Ordnung zu geben, an der sich andere orientieren können. Damit kann das Zusammenleben vereinfacht werden und ein gewisses Mass an Sicherheit und Stabilität geschaffen werden.
Leistungsorientierte Weltanschauung – oranges Mem
Wie beim Schritt vom violetten zum roten Mem, ist die Entwicklung vom blauen zum orangen Mem ein Schritt von der Gemeinschaft zur Autonomie. Allerdings hier nicht um der Egozentrik willen, sondern darum das Leben, die Gemeinschaft, auch das eigene Wohlbefinden im Beruf und Privatleben besser und angenehmer zu gestalten. Mit besser, schneller, effizienter könnte man die orange Weltanschauung beschreiben. Sie stellt die Starrheit der Regeln und Normen des blauen Mems in Frage und sucht nach Ideen, wie Abläufe und Prozesse erfolgreicher ablaufen könnten, wie #Leistungen durch mehr #Innovation noch mehr gesteigert werden können.
Sensible Phasen in der kindlichen Entwicklung:
Wenn Kinder nicht mehr ängstlich nach dem violetten Geborgenheitsrock der Mutter greifen, um den ersten Platz auf dem roten Teppich des Kindergartens kämpfen oder sich fast zwanghaft den blauen Regeln der Schulklasse unterordnen muss, dann beginnen im Grundschulalter auf einmal Entdeckerräume aufzugehen: Wie funktioniert dies, wie könnte man das auch noch machen. Die Neugierde, die Renaissance des 1000-Fragenalters kommt noch einmal zum Vorschein, wenn denn die Schul- und Lebenswelt der Kinder entsprechend einladend dafür gestaltet ist.
Orange Weltanschauung als Erwachsene:
Erwachsene mit einem zwanghaft orangememetisch, leistungsorientierten Weltbild sind angstgetrieben. Sie glauben, Ihre Leistung könnte nicht ausreichen um geliebt, anerkannt, reich oder erfolgreich zu sein. Immer besser müssen sie sein, immer mehr können oder erreichen.
Auswirkung der leistungsorientierten Weltanschauung auf die Sichtweise der Erziehung:
Orangememetischorientierte Eltern und Lehrpersonen setzen Leistung über Wohlbefinden. Wenn sie die Wahl haben, dass es einem Kind gut gehen oder es in die nächsthöhere Schulstufe gelangen soll, dann wählen sie die zweite Option. Sie wählen sie schlicht und einfach auch deshalb, weil sie sich nicht wohlfühlen können, wenn sie sich nicht erfolgreich erachten.
Stärken:
Die Stärke des orangen Mems liegt in der Offenheit für Neues, im #Mut andere Möglichkeiten zu suchen, bisher Bekanntes loszulassen und sich Unbekanntem zu öffnen.
Egalitäre Weltanschauung – grünes Mem
Das grüne Mem ist das soziale Mem. Es fragt danach, wie es den Menschen geht, was sie brauchen, wie es ihnen wohl ist. Es lehnt die starren blauen Strukturen und Hierarchien ab, es möchte auch keinen orangen Fortschritt, der die Menschlichkeit opfert. Es glaubt, dass Basisdemokratie allen Mitgliedern einer Gemeinschaft am besten gerecht wird. Der menschliche Zusammenhalt, das Gemeinschaftsgefühl steht über allem.
Sensible Phasen in der kindlichen Entwicklung:
Im Pubertätsalter lösen sich Jugendliche in ihrer Werteorientierung immer mehr von ihrer Ursprungsfamilie. Stattdessen interessieren sie sich auch für die Werte ihrer #Peergroup. Sie lehnen sich gegen bisherige Hierarchien auf, sind oft nicht mehr einfach bereit die violetten Traditionen ihrer Familie mitzutragen. Sie sind nicht mehr willens dem roten Durchsetzungsvermögen ihrer Eltern Folge zu leisten, stellen die Regeln und Normen der Erwachsenen in Frage und wägen sehr genau ab, welchen ehrgeizigen Zielen ihrer Eltern sie folgen wollen oder wann sie sich den eigenen Gefühlswelten oder denjenigen ihrer Clique sie sich zuwenden.
Grüne Weltanschauung als Erwachsene:
Erwachsene mit einem fixierten grünmemetisch, egalitären Weltbild lehnen Hierarchien ab und versuchen dies zumindest in denjenigen Lebensbereichen umzusetzen, in denen sie die Möglichkeit dazu haben. Dazu gehört natürlich die Erziehung ihrer Kinder. Empathisches Wahrnehmen des Gegenübers werden wertvoller angesehen, als strukturiertes blaues Denken oder auf Leistung sinnendes oranges Streben. Was fühlbar ist, muss nicht auch noch beweisbar sein.
Auswirkung der egalitären Weltanschauung auf die Sichtweise der Erziehung:
Grünmemetisch orientierte Erzieher sind wie kaum Menschen anderer Meme darauf bedacht, ihre Kinder und Jugendliche wahrzunehmen und auf ihre Bedürfnisse einzugehen. Schwierig wird die egalitäre Weltanschauung in der Erziehung dann, wenn ausschließlich die Bedürfnisse der Kinder im Zentrum stehen und eigene Bedürfnisse oder gesellschaftliche Erfordernisse negiert und aus dem Weg geräumt werden sollen. Eltern, die dies für ihre Kinder möchten, werden auch als Helikoptereltern bezeichnet, weil sie stets über das Leben ihrer Kinder kreisen und sich darum kümmern, dass ihnen nicht Schlimmes passiert und all ihre Bedürfnisse befriedigt werden. Sie bemerken nicht, dass sie dabei ihr eigenes Leben aufgeben und dadurch ihren Kindern kein Vorbild sein können, wie Erwachsene eigenständig und verantwortungsvoll leben und Konflikte mit anderen Menschen meistern.
Stärken:
Die Stärke des grünen Mems liegt im #Einfühlungsvermögen der Menschen. Sie versuchen ihr gegenüber zu verstehen, auch wenn diese eine andere Meinung haben. Sie versuchen Lösungen anzustreben, bei denen niemand als Verlierer hervorgehen muss.
Systemisch - integrale Weltanschauung – gelbes Mem
Als #integral wird die Weltsicht des gelben Mems bezeichnet, weil sie kein auf ein bestimmtes Mem fixiertes Weltbild hat. Dies unterscheidet es von all den bisher vorgestellten Weltanschauungen. Es anerkennt die Bedeutung des beigen Sems für elementare körperliche Bedürfnisse und diejenigen des violetten Mems für Rituale und Traditionen, so wie für die Präsenz und Konstanz, welche eine zuverlässige Bindung benötigt. Es erkennt den Power des roten Mems, das für die produktive Umsetzung von Ideen gebraucht wird. Das blaue Mem schätzt es, wenn es darum geht, dem innovativen Kreativitätsfluss des orangen Mems durch ein wenig Struktur eine produktive Richtung zu geben. Und die Empathie des grünen Mems ist ihm ebenso zugänglich wie selbstverständlich. Das gelbe Mem sieht Möglichkeiten, denkt in sowohl, als auch und nicht in entweder oder. Es sucht Lösungen unter Einbezug aller systemischen Gegebenheiten.
Sensible Phasen in der kindlichen Entwicklung:
#Ken #Wilber, ein amerikanischer Philosoph beruft sich in seiner integralen Theorie stark auf Spiral Dynamics und tendiert dazu, dass rund 1% der Weltbevölkerung über eine gelbmemetische Sichtweise verfügen. Aus diesem Grund macht es hier keinen Sinn zu erörtern, zu welchem Zeitpunkt die sensiblen Phasen für eine systemisch – integrale Weltanschauung im Verlauf der Kindheit vorhanden sind.
Gelbe Weltanschauung als Erwachsene:
Erwachsene, welche die Welt gelbmemetisch betrachten, sehen Möglichkeiten, denen sie sich gerne hingeben, sie ausloten und erforschen, bevor sie eine Entscheidung treffen. Sie sind in der Lage Vor- und Nachteile von Sichtweisen zu erörtern. Ebenfalls sind sie fähig Menschen mit memetischen Sichtweisen von violett bis grün zu verstehen und auf sie einzugehen.
Auswirkung der systemisch - integralen Weltanschauung auf die Sichtweise der Erziehung: Wenn wir uns die gelbmemetische Sichtweise auf die Erziehung von Kindern zugänglich machen wollen, können wir uns die Stärken aller anderen Meme zurate ziehen und erhalten dadurch ein ganzheitliches Bild, welches womöglich eine Antwort auf die Orientierungslosigkeit der derzeitigen Erziehungsdiskussion liefert:
Was alle Kinder von Geburt an brauchen sind die physische Integrität gewährleistende Rahmenbedingungen, welche ihr soziales Umfeld ihnen bietet, später Bezugspersonen an die sie sich binden können. Sie erleben Geborgenheit, Sicherheit und »Boden« in Form von Selbstwertgefühl auf den sie ein Leben lang bauen können. Kinder, die mit Sicherheit und Geborgenheit »gesättigt« sind, können in die Welt hinausgehen und sie mit all ihrem Power »erobern«. Sie benötigen Bezugspersonen, die für ihr Vorhaben an sie glauben, wenn sie sich mit ihrer ganzen Kraft und ihren Ideen zeigen, aber sie auch stützen, wenn sie Niederlagen erleiden und sich nicht durchsetzen können, weil sie anderen Menschen begegnen, die wie sie ebenfalls starke Impulse und eigene Ideen haben. Kinder müssen zum richtigen Zeitpunkt Regeln, Normen und Vereinbarungen kennenlernen, die ihnen Orientierung für ihr Leben in Gemeinschaften geben. Sie müssen lernen, wann die Möglichkeit besteht, eigene Impulse durchzusetzen und wann es erforderlich ist, diese zugunsten von Gemeinschaften, in denen sie leben auch einmal zurückstellen zu können. Kinder brauchen Erfahrungsräume, um alleine oder mit anderen zusammen Neues auszuprobieren, zu scheitern, wieder aufzustehen, weiterzumachen und Erfolge zu feiern. Kinder und Jugendliche benötigen Vorbilder, die ihnen zeigen, dass der eigene Erfolg nicht auf Kosten von Anderen gehen darf und dass es Momente in Beruf und Leben gibt, in denen Hierarchien sinnvoll sind, weil Entscheidungen durch wenige fähige Menschen genauso zu einem sinnvollen Weg für eine Gemeinschaft führen kann, wie gemeinsam getroffene Entscheidungen.
Spiral Dynamics ist ein evolutives Modell. Das heisst, der Wert des menschlichen Bindungsbedürfnisses ist nicht einfach weg, wenn ein Kind im Alter von drei Jahre in seine rotmemetisch sensible Phase kommt, sondern wird in sie integriert. Genauso verhält es sich mit Ritualen und Traditionen (violett), Power, Kraft, sich durchzusetzen (rot), Strukturen, Regeln, Abmachungen und Verbindlichkeiten einhalten (blau), offen zu sein für Veränderungen und Weiterentwicklung (orange), Empathie und Menschlichkeit empfinden (grün). Die Abwesenheit einer oder mehrere dieser Werte im Beziehungsgeflecht zwischen Erwachsenen und Kindern führt dazu, dass Erziehung zu unterschiedlichen Zeitpunkten in der kindlichen Entwicklung in Schieflage gerät. Es liegt nicht an den Kindern und Jugendlichen wenn Erziehung misslingt. Es ist der Ausdruck von eingeschränkten Weltanschauungen, die zu engen Vorstellungen über Erziehung führen oder es sind momentane Lebensbedingungen, die dazu führen, dass einzelne Aspekte für eine gelingende Erziehung vorübergehend fehlen. Wenn diese der Fall ist treten Symptome im Verhalten von Kindern auf. Es wird nichts bringen Kinder deswegen zu therapieren, weil es das gesamte System ist, das nicht in der Lage ist, dem Kind das zu geben, was es benötigt. Entsprechend den sieben beschriebenen Meme kann das Vorhandensein jedes Aspektes überprüft und systemische Handlungsansätze überlegt werden:
Ist für die Sicherung der existenziellen Bedürfnisse durch sein soziales Umfeld gesorgt?
Hat das Kind in seinem Lebensalltag (zu Hause und in der Schule) ausreichend Menschen, zu denen es eine starke, ihm Sicherheit und Geborgenheit bietende Bindung hat? Gibt es in seinem Alltag Rituale, die ihm Sicherheit geben oder fehlen sie?
Hat das Kind Gelegenheiten seine Impulse / seine Kraft auszudrücken oder gibt es wichtige Bezugspersonen, die ihm dies verbieten, es bestrafen oder ihm die Zuneigung entziehen, wenn es seine Meinung, seine Ideen ausdrückt und entsprechend handeln will? Sind die Bezugspersonen für das Kind zu bestimmend und einengend, weil sie sich zu sehr in die Angelegenheiten des Kindes einmischen, anstatt ihnen ein Vorbild zu sein, in dem sie sich um ihr eigenes Leben kümmern (Helikoptereltern)? Oder andersrum: Lebt das Kind zu Hause oder in der Schule in einem Umfeld, in dem wichtige Bezugspersonen leben, die ihm kein starkes Gegenüber sind, die ihre eigenen Ideen und Meinungen nicht kraftvoll (und liebevoll) ausdrücken können? Lernt es dadurch nicht, dass es auch Momente gibt, in denen es notwendig ist, sich zu Gunsten seiner Gemeinschaft auch unterordnen zu können?
Lebt das Kind in einem privaten und / oder schulischen Umfeld, in dem es kaum Regeln und Abmachungen für das Zusammenleben gibt, so dass es sich orientierungs- und haltlos fühlt? Oder ist es durch seine wichtigsten Bezugspersonen durch Regeln und Normen regelrecht zureglementiert, dass es entweder passiv / depressiv oder aber aggressiv / unkooperativ wird?
Sind die wichtigsten erwachsenen Bezugspersonen des Kindes zu sehr leistungsorientiert, so dass es sich weder gesehen noch verstanden, sondern zum Objekt erwachsenen Ehrgeizes gemacht fühlt? Kann es erwachsene Anforderungen nicht erfüllen und entwickelt deshalb ein niedriges Selbstvertrauen und später sogar ein geringes Selbstwertgefühl? Sind Verhaltensweisen zu beobachten, die darauf schließen könnten? Andersrum: Gibt es erwachsene Bezugspersonen, die Leistung prinzipiell ablehnen, so dass das Kind in einen Loyalitätskonflikt kommt, wenn andere wichtige Bezugspersonen Leistung einfordern?
Sind die wichtigsten erwachsenen Bezugspersonen in der Lage dem Kind spürbar zu machen, dass sie es gerne haben / fühlt sich das Kind geliebt? Sind die Bezugspersonen fähig, dialogisch und emphatisch mit dem Kind zu kommunizieren? Andersrum: Sind die Erwachsenen darauf fixiert, dem Kind alles recht zu machen, es jederzeit verstehen zu wollen und seine Bedürfnisse zu befriedigen und nehmen sie ihm dadurch Erfahrungen weg, bei denen es lernen kann für sich selber einzustehen oder auch einmal Frust aushalten zu müssen, wenn es nicht so geht, wie es das gerne hätte?
Können die erwachsenen Bezugspersonen des Kindes wahrnehmen, ob seine existenziellen Bedürfnisse befriedigt sind, in welchen Situationen es wichtig ist, dem Kind durch Bindung und Rituale Sicherheit zu geben, wann das Kind und wann sie als Erwachsene sich durchsetzen können müssen, in welchen Situationen es wichtig ist, Regeln und Abmachungen zum Gesprächsthema zu machen, wann sie ihren Kindern Raum geben müssen, etwas Neues ausprobieren zu können und wann es wichtig ist, sie in den Arm zu nehmen oder einfach mitfühlend für sie da zu sein?
2.4. Multiple Intelligenzen
Gut in der Schule sind die Glücklichen, welche sprachlich und mathematisch begabt sind. Diejenigen, die das weniger sind, sind jedoch nicht unbedingt minderbegabt, sondern womöglich einfach stark in Bereichen, die weniger Beachtung finden. #Howard #Gardner, Professor für Psychologie an der Harvard University, hat acht #Intelligenzen beschrieben, welche die Vielfalt an Begabungen und Interessen erweitert. Er führt folgende Bereiche auf: Naturalistisch, visuell-räumlich, körperlich-kinesthetisch, musikalisch, logisch-mathematisch, linguistisch, intrapersonal und interpersonal. Der Blick auf diese Vielfalt an Begabungen und Interessen bietet einer Schule die Möglichkeit besser auf die Individualität der Kinder und Jugendlichen einzugehen. So kann die Schulumgebung entsprechend dieser acht Bereiche eingerichtet und Lehrpersonal angestellt werden, so dass die Gesamtheit des Lehrkörpers über diese Vielfalt an Begabungen und Interessen selber verfügt. Schülerinnen und Schüler haben dadurch für ihre #Begabungen an ihrer Schule ein Gegenüber und ihre #Potenziale können sich so besser entfalten.
3. Umsetzungskonzept für eine Schule der Zukunft
Aus den bis hier beschriebenen Grundlagen ergibt sich nun eine Orientierung für die Gestaltung einer kindgerechten, leistungsfähigen, zeitgemäßen und zukunftsfähigen Schule.
3.1. Lernen
Lernprozesse müssen auf jeder Schulstufe vom Lernenden als bedeutsam und freudvoll empfunden werden. Lerninhalte müssen zwar behördlichen Vorgaben, respektive den offiziellen Lehrplänen entsprechen, sollen aber zwingend der effektiven #Reifeentwicklung folgen und auf individuellem Vorwissen aufbauen. Intrinsische Impulse der Kinder und Jugendlichen sind bestes Gewähr, dass Lernprozesse mit positiven #Emotionen verknüpft werden können und nachhaltig abrufbar bleiben. Denn niemand, der Frei- und Gestaltungsräume hat, denkt sich etwas aus, von dem er nicht glaubt, dass es spannend oder freudvoll sein könnte. Gleichzeitig bieten Gestaltungsgelegenheiten Erfahrungsräume, bei denen Lernende eigeninitiativ und selbstorganisiert Herausforderungen meistern können. Sie erfahren dadurch, dass sie Gestalter ihres Lebens und Lernens sein können und erleben, dass Lernprozesse ein Spielen mit Möglichkeiten ist und kein Abarbeiten von Fremdaufträgen im Richtig- und Falschschema. Derartiges Lernen entspricht in bestem Sinne kompetenzorientiertem Lernen, wie es die derzeitigen staatlichen Lehrpläne fordern. Denn Kompetenzen sind Selbstorganisationsfähigkeiten, um bei Herausforderungen in komplexen Situationen handlungsfähig zu sein. Entscheidungsfähigkeit, Mut zum Handeln ohne die Gewissheit des Gelingens, die Erfahrung Fehler zu machen, daraus zu lernen und auch einmal zu scheitern und hoffentlich viel häufiger Erfolge zu feiern, sind Kompetenzen, welche auf das heutige Gesellschaft- und Berufsleben vorbereiten.
Nicht alle Kinder und Jugendliche finden zu jeder Zeit ihre Herausforderungen selber. Kinder denen dies gelingt, brauchen allenfalls Erwachsene, die ihnen folgen und sie bei ihren Vorhaben unterstützen. Kinder, die ihre Herausforderungen nicht selber finden, brauchen andere Kinder oder Erwachsene, die sie dazu ermutigen oder Inspirieren, sich für etwas zu begeistern. Kinder brauchen Herausforderungen, an denen sie wachsen können. Finden sie diese nicht alleine, benötigen sie Unterstützung von außen. Nicht die Prämisse von #Selbstorganisation um jeden Preis soll für die Lehrpersonen handlungsleitend sein, sondern die individuellen und momentanen Möglichkeiten eines Kindes.
An lebensnahen Herausforderungen wachsen zu können ist eine Lernform. Fachwissen zugänglich machen eine zweite und gemeinsam mit und von Anderen zu lernen eine dritte. Entsprechend sollten diese drei Lernformen den Schulalltag prägen.
Die ausgeprägten, so wie die wenig vorhandenen Interessen der 8 Intelligenzen nach Howard Gardner bei seinen Schülerinnen und Schülern zu kennen, ist vorteilhaft. Daraus ergeben sich nicht nur Lernfelder, welche dem Naturell der Kinder und Jugendlichen entsprechen, es zeigen sich auch Hinweise auf welche bevorzugte und zugängliche Art und Weise Schülerinnen und Schülern gut lernen können: Zum Beispiel eher auditiv, handelnd und in Bewegung, sprachorientiert, alleine oder mit anderen zusammen, eher über die Logik oder besser über das visuelle Vorstellungsvermögen. Auch bei der Berufswahl der OberstufenschülerInnen sind die Kenntnisse über ihre Präferenzen wertvoll.
Das Beurteilen von Leistungen ist traditionell ein grosses Thema im Lernprozess an Schulen. Ursprünglich aber auch heute noch hat sie eine Selektionsfunktion. Erfolgreiche Schülerinnen und Schüler haben gute Noten und Zeugnisse, können höhere Schulstufen besuchen und angesehenere Berufsausbildungen absolvieren. Die Gefahr dabei beisteht, dass Lernen irgendwann nicht mehr aus Freude am Lerngegenstand, sondern am Erreichen einer guten Note erlebt wird. Dies sollte vermieden werden. Beurteilungen oder mit einem besseren Wort formuliert, Begutachtungen, sollen die Funktion haben einen Lernstand zu evaluieren. Dadurch können Lernende und Lehrende herausfinden, ob die Arbeit getan ist oder wofür noch Arbeit ansteht. Dafür kann vollständig auf eine Benotung verzichtet werden. Dies ist notabene gesetzlich vielerorts auch möglich. Entsprechend behördlichen Vorgaben muss nur zum Ende eines Schuljahres eine Note gegeben werden. #Privatschulen sind z.T. sogar gänzlich von der Notenpflicht befreit. Dient also der Begutachtung einer Leistung mittels Lernstandsüberprüfung, dann genügt es zu entscheiden, ob die Fähigkeiten ausreichen oder nicht. Reichen sie nicht aus, muss noch weiter Zeit investiert werden.
3.2. Schulstufen
Im #Kindergarten und in der #Unterstufe, also im Alter zwischen 5 und 9 Jahren durchlaufen die Kinder die sensible Phase des roten und blauen Mems. Maßgebend wie sie sich in dieser Zeit entwickeln ist, was sie in den davorliegenden Jahren erlebt haben. Konnten ihre existenziellen körperlichen Bedürfnisse gestillt werden und werden sie es nach wie vor (beiges Mem)? Haben sie mit ihren Bezugspersonen ausreichend emotionale Nähe erlebt und dadurch ein Urvertrauen und ein sicheres Bindungsverhalten erwerben können (violettes Mem)?
In der sensiblen Phase des roten Mems ist es nun einerseits wichtig, dass die Kinder erleben, dass sie Möglichkeiten haben ihr Autonomiebedürfnis auszuleben, dass sie sich mit ihrer Kraft erfolgreich und wirksam erleben. Andererseits brauchen Sie zu Hause und in der Schule Gegenüber, die ebenso Zugang zu ihrer Kraft haben. Dabei sollen sie für die Kinder Vorbild mit dem Einsatz ihrer Power und Gestaltungslust sein und sie mit ihrer eigenen Begeisterungsfähigkeit mitreißen können. Andererseits ist es auch wichtig, dass die Eltern und Lehrpersonen den Kindern in diesem Alter starke Gegenüber sind, die den kleinen Königinnen und Königen zeigen, dass auch Erwachsene manchmal eine „Krone“ auf dem Kopf tragen. Kinder in dieser Entwicklungsphase sollen ihre Kraft selbstwirksam erleben aber auch lernen, dass es Momente gibt, bei denen sie ihre Bedürfnisse nicht durchsetzen können, sondern sich an ihre Gemeinschaft anpassen müssen.
Später in dieser Stufe, mit Eintritt der sensiblen Phase für die blaumemetischen Themen, sind Kinder sehr offen für Strukturen und Gemeinschaftsregeln - natürlich aber nur diejenigen, die davor weder durch Ohnmachtsprägungen oder Allmachtserfahrungen eine gesunde Bereitschaft entwickeln konnten, sich in ein Gemeinwohl zu integrieren.
Lernseitig sind möglichst viele Primärerfahrungen wichtig. Kinder lernen durch eigenes Tun, Nachahmen und in einer sozialen Gemeinschaft am besten. Handelndes Lernen bietet zudem eine solide Basis, sich durch das eigene Tun eine Vorstellung von Zusammenhängen und Sachverhalten anzueignen. Wird zu schnell ein Abstarktionsniveau verlangt, läuft man Gefahr, dass die Kinder sich keine oder zu geringe Visualisierungen und Verinnerlichungen aneignen können. Steigt später die Komplexität der Lernthemen, können solche Kinder nicht mehr folgen. Aus diesem Grund sollte auch die Nutzung digitaler Geräte als didaktisches Lernmedium auf dieser Stufe nicht im Zentrum stehen. Besonders geeignet sind die Lernmaterialien von Maria #Montessori aber auch viele weitere, ähnlich konzipierte.
In der #Mittelstufe sind die Kinder zwischen 9 und 12 Jahre alt. Wichtig sich daran zu erinnern, dass die ganz normalen Entwicklungsunterschiede in diesem Alter zwischen vier und fünf Jahren liegt. Kinder, die einem Lerninhalt Gleichaltriger nicht folgen können, respektive solche, die schon viel weiter sein können, sollten dazu die Gelegenheit erhalten. Dies betrifft natürlich vor allem die Aneignung von Fachwissen. Bei Lernsettings bei denen projektartig kompetenzorientierte Herausforderungen zu meistern sind, spielt die Unterschiedlichkeit weniger eine Rolle, da sich die Gruppenmitglieder mit ihren Fähigkeiten und ihren unterschiedlichen Lernständen geschickt und für das Projekt dienlich aufteilen und unterstützen können. In diesem Alter ist es darum ratsam, den kognitiven Wissenserwerb zu individualisieren und Lernen in lebensnahen Projekten gemeinschaftlich erlebbar zu machen.
In diesem Alter treten die Kinder in die sensible Phase des orangen Mems ein. Sie stellen die bestehende Regeln des blauen Mems in Frage, suchen nach Optimierungen und Alternativen, experimentieren gerne und möchten eigene Ideen kreieren und umsetzen. Dies wird allerdings nur bei Kindern zu Tage treten, die in der vorhergehenden Phase des blauen Mems nicht durch Regeleinhaltungen verängstigt und darauf fixiert wurden. Ebenfalls brauchen sie erwachsene Gegenüber, die sich über die Experimentierfreude ihrer Kinder freuen und sich dadurch nicht bedroht fühlen. Es ist die Zeit, in der Kinder sich in zwei Richtungen bewegen können: Stumpfen sie ab, werden passiv und machen einfach das, was ihnen vorgegeben wird oder können sie sich den Raum für eigene Impulse und Ideen nehmen und mit ihnen experimentieren. In dieser Phase ist die Elternbegleitung von besonderer Wichtigkeit, denn der Übertritt in die Oberstufe steht an und spätestens jetzt tritt aus Eltern- und oft auch aus Lehrersicht der „Ernst des Lebens“ in Kraft. Wenn die Erwachsenen nicht sehr aufmerksam sind, ist schnell fertig mit eigenen Impulsen und kreativen Ideen.
Die Bereitschaft der Unterstufenkindern sich Gemeinschaftsregeln unterzuordnen und die Experimentierfreudigkeit, Regeln kreativ abändern zu wollen in der Mittelstufe, ruft nach einem Instrument das Gemeinschaftsleben an einer Schule gemeinsam mit den Kindern partizipativ zu gestalten. Aus der Bewegung der demokratischen Schulen gibt es hiefür reichlich Erfahrungen. An einer wöchentlichen #Schulversammlung werden gemeinsam Regel für das Zusammenleben gefunden. Diese können durch Initiative jedes Einzelnen auch wieder angepasst werden. Ein „Justizkommitee“, bestehend aus SchülerInnen und Lehrpersonen achtet auf die Einhaltung dieser Regeln und kümmert sich um die Konsequenzen bei Übertretungen. Auf diese Art und Weise erleben Kinder und Jugendliche ihre Schule als demokratischen Mikrokosmos und die Funktionsweise einer #Demokratie selbstgestaltend aus eigener Erfahrung.
Die Oberstufenzeit folgt gleichzeitig mit dem Eintritt in die #Pubertät. Jesper #Juul, ein dänischer Familientherapeut hat einmal gesagt: «Jugendlichen in der Pubertät müsste eigentlich ein Schild auf der Stirn angebracht werden auf dem steht: Wegen Umbauarbeiten vorübergehend geschlossen». Auf einmal ist nicht mehr wichtig, was die Eltern richtig finden, sondern ihre Peer-Group. Alles bisher Gültige wird in Frage gestellt und überprüft. In dieser Entwicklungsphase wir das grüne Mem bedeutsam. Der Zusammenhalt und das sich Verbundenfühlen mit den Kollegen wird wichtig. Jugendlichen ist es dann besonders wichtig, sich mir den Freunden zu verstehen, für sie da zu sein und mit ihnen zu fühlen.
Ebenfalls in die Oberstufenzeit wird die Auseinandersetzung mit ihrer #Berufswahl wichtig. Eine Schule der Zukunft, wird bis zu diesem Zeitpunkt den Jugendlichen schon so viele Erfahrungsräume geboten haben, so dass sich diese sehr gut kennen und um ihre Begabungen und Talente wissen. Im Zentrum des schulischen Lebens sollte der Austausch unter den Jugendlichen sein, die Auseinandersetzung mit den eigenen #Stärken, #Schwächen, Begabungen und Bedürfnissen. Wenn sich dadurch eine Berufung zeigt und damit ein Weg in eine Berufsausbildung ergibt, sollte vor allem diejenigen Lerninhalten erworben werden, die für den weiteren Weg auch wirklich gebraucht werden. Das Leben und auch das Lernen muss in diesem Alter in besonderem Masse durch Sinn geprägt sein.
3.3. Lehrpersonen
Betrachten wir die memetischen Stufen des Spiral Dynamics-Modelles, dann wird sehr rasch klar, dass Lehrpersonen vorteilhaft die integrale Sichtweise des gelben Mems inne haben sollten. Ist dies nicht der Fall, haften sie selber einer bestimmten - einem Mem zuordenbaren - Ideologie an. Derart wird es nicht möglich sein, Kinder in all den Phasen vom violetten bis zum grünen Mem gut begleiten zu können. Denn in ihrem gesunden und natürlich Ausdruck durchlaufen Kinder all diese Entwicklungsphasen, die einer Würdigung des jeweiligen Bedürfnisses bedarf. Mit einer integralen - also gelbmemetischen - Sichtweise, sehen Erwachsene das Schöne und das Potenzial der jeweiligen sensiblen Phase und können dem Kind dafür Raum geben. Sind sie jedoch in einer bestimmte Ideologie gefangen, werden sie den Kindern nicht frei begegnen können, ihnen entweder aus dem Kontakt gehen oder sie unbewusst manipulieren. Eltern und Lehrer sein erfordert darum profundes Wissen über kindliche Entwicklung und ein hohes #Bewusstsein über sich selber, respektive über die Beschaffenheit der eigenen #Persönlichkeit.
Gute Lehrpersonen kennen fachliche Entwicklungslinien, zum Beispiel, wie sich mathematisches Fachwissen bildet, wie es sich weiter aufbaut und wohin es sich weiter entwickeln wird. Sie können den Stand eines Kindes auf dieser Entwicklungslinie einschätzen und wissen mit welchen Lehrmitteln und methodischen Möglichkeiten ein Kind mit Begeisterung lernen kann.
Empathie- und Dialogfähigkeit sind zwei zentrale Kompetenzen, welche Lehrpersonen befähigt, Bedürfnisse und Befindlichkeiten wahrzunehmen, zuzuhören und zu verstehen, sich aber auch mitteilen zu können. Offenheit für Neues, Mut, Tatkraft, Experimentierfreude, Begeisterungsfähigkeit und Humor sind weitere Kompetenzen, mit denen sie ihren Schülerinnen und Schülern ein Vorbild sein und sie einladen können, eben diese Qualitäten auch ausleben zu wollen. Kurzum: Lebensfreude, Lebendigkeit und Leidenschaft sind Persönlichkeitsmerkmale einer tollen Lehrperson.
3.4. Strukturen
Eine Schule muss sich um räumliche, zeitliche und organisatorische #Strukturen kümmern. Alle hängen miteinander zusammen. Dabei sollten wir von den jeweiligen Altersstufen und ihren Bedürfnissen ausgehen und beachten was Kinder für nachhaltige Lernprozesse brauchen.
Für einen individualisierten Unterricht für den Erwerb von Fachkompetenzen braucht es geeignete #Lernmaterialien. SchülerInnen mit einer raschen Auffassungsgabe mögen digitale Lernmedien oder solche auf Papier. Kinder, welche weniger rasch begreifen, benötigen Lernmaterialien, die sie wortwörtlich be-greifen, also anfassen und damit handeln können. Weiter braucht es Arbeitsplätze, an denen sie ungestört alleine oder mit anderen zusammen arbeiten können. Projekt- und handlungsorientiertes Lernen erfordert Gemeinschaftsräume für den Austausch, Werkstätten und Handlungs- und Gestaltungsräume außerhalb der Schule. Das kann ein Garten, ein Außenwerkplatz, Schultiere oder ein Waldstück sein. Noch weiter weg können es auch Lernorte im Dorf sein. Wie weiter oben beschrieben, sind die acht Intelligenzen nach Howard Gardner ein hervorragender Ausgangspunkt für die Gestaltung von einladenden Lernräumen.
Die räumliche Einrichtung sollte vielfältig, einladend und lebendig gestaltet sein. Für Kinder sind nicht immer Stuhl und Bank der ideale Lernort. Manchmal ist es auch der Teppich auf dem Boden, ein Sofa oder eine Baumhütte. Auch geborgene Rückzugsräume sind wichtig. Der Mensch lebt in einer Polarität zwischen Extraversion und Introversion, zwischen Kontakt und Verbundenheit mit anderen Menschen und dem Alleinsein mit sich selber. Nicht nur aktive und mitteilsame Kinder lernen gut, auch stille Beobachter und gute Zuhörer können genau so gute Lernprozesse machen.
Die unterschiedlichen Lernsettings erfordern eine Abstimmung im Wochenverlauf. Wann gibt es Zeiten für den individuellen Erwerb von Fachwissen, wann gibt es Zeiten, an denen die ganze Schule oder Schulstufen sich für die Schulversammlung, das gemeinsame Sporttreiben, das Musizieren und Singen trifft? Wann können sich die Schülerinnen und Schüler um ihre lebensnahen kompetenzorientierten Herausforderungen oder um eigene Projekte kümmern? In einer Schulgemeinschaft muss es Kompromisse geben, wann Zeit und Raum für individuelle Bedürfnisse und Projekte möglich sind und wann Aktivitäten diese Zeiten einschränken, damit gemeinsam etwas gemacht werden kann. Dies entspricht aber auch der Lebenswelt aller Menschen, die in einer Gemeinschaft leben oder arbeiten. Es ist gut, dass Kinder dies lernen können und gehört zum Lernprozess, dass ihre rotmemetischen Impulse nicht zu jeder Zeit ihren Raum haben können.
Gerade Ganztagsschulen habe durch die Mehrzeit hervorragende Möglichkeiten Alltagsarbeiten mit in den Schulalltag zu integrieren, z.B. kochen, antischen, abräumen, abwaschen, aufräumen, putzen, Garten pflegen, Tierstall ausmisten, usw. Diese Arbeiten sind ein natürliches Erfordernis für das Wohlbefinden in einer Schulgemeinschaft. Dass sich nicht einfach eine Köchin oder ein Hauswart darum kümmert, sondern die „Bewohner“ der Gemeinschaft selber, schafft Loyalität und Verbundenheit zum Lernort aber auch immer wieder Situationen, die erfordern, eigene Bedürfnisse zugunsten der Gemeinschaft zurückstellen zu können. Schule wird auf diese Art und Weise von Lern- zum Lebensort.
3.5. Instrumente
Im Folgenden werden einige Instrumente und Werkzeuge aufgeführt, die für die bisher erwähnten Lernformen, Schulstufen und Entwicklungserfordernisse dienlich sind. Die Auswahl ist nicht abschließend. Es gibt noch viel andere.
3.5.1. Acht Intelligenzen Evaluationstool
Das Tool bietet die Möglichkeit die Interessen von Kindern und Jugendlichen entsprechend der 8 Intelligenzen nach Howard Gardner zu evaluieren. Mit drei Karteien zu den Fragen: «Was möchtest du am liebesten in deiner Freizeit machen?», «Was möchtest du gerne lernen?» und «Welche Berufe spreche dich an?» können stark entwickelte, mittlere und schwach ausgeprägte Interessen herausgefunden werden. Ebenfalls können sich die Erwachsenen einer Schule selber evaluieren, um in der Gesamtheit ihres Lehrkörpers ein Bild ihrer Stärken zu erfahren.
3.5.2. Lernverwaltung für den individuellen Erwerb von Fachwissen
Die Firmen escola.com und bildungsreich.org haben gemeinsam das Kompetenzraster-Netzwerk erschaffen. Die Lehrpläne des Schweizer Lehrplan 21 wurden in Fähigkeitsraster umgesetzt und in der webbasierten Schul- und Lernverwaltungsplattform von escola integriert.
Mit der Lernverwaltung des Kompetenzraster-Netzwerks ist es möglich den Fachwissenserwerb jedes Kindes im Überblick zu behalten, konsequent zu individualisieren und den Lernverlauf transparent zu dokumentieren.
3.5.3. Sammlung lebensnaher kompetenzorientierter Herausforderungen
Das Bildungsreichportal (www.bildungsreich.org/webtools) verfügt über eine Sammlung und ein Know-how zur Erstellung von lebensnahen kompetenzorientierten Herausforderungen für jedes Schulalter. Die Herausforderungen entsprechen derselben Struktur, wie die Fähigkeitsraster des Kompetenzraster-Netzwerks. Die Herausforderungen zielen einerseits darauf ab, erworbenes Fachwissen in die Anwendung zu bringen, aber auch personale, soziale und Aktivierungs- und Handlungskompetenzen zu entwickeln.
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